Titel
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Östlich und unweit von Jena haben Thüringer Tüftler einen neuen Industriezweig etabliert. In Großlöbichau be-
schäftigt sich das 180-köpfige Team des Geschäftsführertandems Dr. Ute Bergner und ihres Sohnes Jens Berger
bei VACOM im wahrsten Sinne des Wortes mit Nichts. Ihr Know-how steckt in der Leere! Nein; kein Schreibfehler,
denn gemeint ist das Vakuum. Dabei haben sie die Herausforderungen diverser Hightechindustrien zur Kopplung
von Optik mit Vakuumsystemen zum Geschäftsmodell gemacht und die Vakuumoptik geboren und weiterentwi-
ckelt. Gegensätzlicher kann Realität kaum sein – draußen grasen Kühe und Pferde und drinnen im VACOM-
Technologiezentrum wird Hightech auf Weltniveau entwickelt und produziert. WIRTSCHAFTSSPIEGEL besuchte
die Geschäftsführerin Dr. Ute Bergner und sprach mit ihr nicht nur über einen Industriezweig, der seinen Ursprung
in Jena fand:
Erfolg in der Leere
Was macht Ihren Erfolg mit
Vakuumtechnologien aus?
„Vakuum ist in der Hightech-Industrie
ein wichtiges Hilfsmittel, weil High-
tech rein sein muss. Und die Ansprüche
an Reinheiten sind immer größer ge-
worden. Heutzutage ist ein Gasmole-
kül in bestimmten Technologiefeldern
bereits eine Verunreinigung. Damit hat
die Vakuumtechnik auch eine enorme
interdisziplinäre Schnittstellen-Rolle
in verschiedenen Branchen. Wir wid-
men uns dabei der Schnittstelle von
Optik und Vakuumtechnik und waren
somit weltweit die Ersten, die den
Begriff der ‚Vakuumoptik‘ prägten.“
Das gab es also in dieser Form
bisher noch nicht?
„Ja, das kann man so sagen. Wir schaf-
fen es heute, optische Materialien et-
wa hochpräzise Glasmaterialien mit Edelstahl oder Aluminium so zu
verbinden, dass diese Verbindung vakuumtauglich, also dicht, tem-
peraturbeständig und ausgasarm ist. Dabei bleiben die hochpräzisen
optischen Eigenschaften erhalten.“
Also entwickeln Sie nicht im Bereich der Optik sondern im
thematischen Umfeld der optischen Industrie?
„Das stimmt; denn wir verbinden optische Materialien vakuumtaug-
lich mit Metallen und reinigen optische Elemente für den Einsatz im
Vakuum. Wir arbeiten mit verschiedenen Hochschulen aber auch der
Industrie wie beispielsweise der ZEISS-Gruppe zusammen.“
Ist darauf auch Ihr Firmenstandort Jena zurückzuführen?
„Das kann man so nicht ganz sagen. Ich bin in Jena geboren und ha-
be deshalb die Firma in Jena gegründet. Ich habe als Physikerin mit
Vakuumtechnik begonnen und dann war das natürlich eine logische
Konsequenz, wenn die Optik Vakuum
braucht, dass dann an einem Optik-
Standort wie Jena eben auch die
Vakuumoptik geboren wird. Doch wir
sind nicht nur an die Optik gebunden.
Unsere Technologien werden auch bei
der Chipherstellung, in der Beschleu-
nigertechnik oder auch dem Anlagen-
bau eingesetzt. Eben überall da, wo im
Vakuum agiert werden muss.“
Auf welchen Märkten sind
Sie unterwegs?
„Wir haben uns als strategische Ziel-
märkte Deutschland und Europa ge-
stellt. Dort gibt es viele Innovationen,
an deren S
chnittstellen wir uns be-
wegen. Doch unsere Kunden und
Partner exportieren dann wiederum
weltweit. Aber wir sind der Meinung,
von unserer Größe her ist es sinn-
voll, wenn wir uns in erster Linie auf unserem Kontinent bewe-
gen. Wenn es von außerhalb Anfragen gibt, bedienen wir diese
selbstverständlich auch.“
Bei VACOM ist also Entwicklung und Produktion vereint?
„Wir haben, und das ist bei einem Unternehmen von 180 Mitar-
beitern beachtlich, eine FuE-Abteilung, die aus 25 Mitarbeitern be-
steht. Das spricht nicht zuletzt auch für die Wirtschaftskraft, wenn
wir uns diesen ‚Luxus‘ leisten können. Unser FuE-Team – gewisser-
maßen das innovative Rückgrat des Unternehmens – besteht zu über
85 Prozent aus Wissenschaftlern, die neue Produkte wie zum
Beispiel optische Faserdurchführungen entwickeln.“
Sie sprechen von Problemstellungen und Lösungen.
Wie finden Sie diese?
„Ich bin von Haus aus Physikerin und gehe bei der Firmenentwick-
Fotos: Thomas Härtrich/Leipzig, VACOM
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